Die Hallen-Europameisterin Hanna Klein berichtet im Interview von der EM, den Grundlagen für ihren Erfolg und ihrem aktuellen Trainingslager in Südafrika. 

Herzlichen Glückwunsch zu einer sehr erfolgreichen Hallensaison, gekrönt mit dem Europameistertitel. Jetzt sind ein paar Tage seit der EM vergangen. Wie lange hat es gedauert, bis du es richtig realisiert hast? 
Ich glaube so richtig konnte ich es realisieren als die EM vorbei war. Am Sonntagabend, der letzte Tag der EM kam es schon ein bisschen über mich. Nach dem ich mit Isabelle zu reflektieren begann, wie mein Weg bisher verlief und durch welche Phasen ich persönlich und sportlich gegangen bin. Dann war ich schon ein bisschen überfordert mit der Situation und saß erst mal etwas alleine für mich in der Hotellobby. Ich war und bin einfach unheimlich dankbar, dass ich den ganzen Weg erleben durfte und hoffentlich noch weitergehen darf.

Wann hast du im Rennen gemerkt, dass du an dem Tag gut drauf bist und der Titel drin ist?
Der Schlüssel war für mich der letzte Kilometer. Ich wusste, wenn ich da dran bleiben kann bis zu den letzten 400 Metern, dann habe ich alle Möglichkeiten. Das hat an diesem Tag zum Glück ziemlich gut geklappt und dann bin ich einfach nur noch gelaufen.

Wie hast du die EM in Istanbul erlebt? Konntest du auch noch andere Wettkämpfe anschauen oder die Stadt erkunden?
Ich habe mir die Wettkämpfe am Samstag und Sonntag angeschaut. Am Samstagmittag nach Saras Siegerehrung sind wir zu acht in die Stadt gezogen und haben Istanbul ein wenig erkundet. Aber wirklich nur im „Schmalspurprogramm“, weil wir alle recht müde waren und unbedingt am Abend wieder ins Stadion zum Anfeuern wollten. Ich habe es sehr genossen, auch mal die Zeit zu haben, Zuschauer sein zu dürfen. Beim 1500 Meter Finale der Frauen hat es mich dann natürlich in den Beinen gejuckt, am liebsten wäre ich mitgelaufen.

Du bist immer wieder in Trainingslagern, trainierst manchmal auch mit internationaler Konkurrenz zusammen. Welche Rolle spielt für dich diese Herausforderung und wie hilft dir die Trainingsgruppe in Tübingen? 
Für mich ist das eine „positive Herausforderung“, weil ich tendenziell ein sehr neugieriger Mensch bin und gerne Athletinnen aus anderen Nationen kennenlerne. Ich finde es lockert total auf andere Gesprächsthemen beim langen Dauerlauf zu haben und andere Systeme, Herangehensweisen aber auch Persönlichkeiten kennenzulernen. Gerade in Flagstaff habe ich das Gefühl, dass viele Athletinnen offen sind, gemeinsame Programme zu gestalten und selbst wenn man mal nicht auf den gleichen Nenner kommt, ist die Atmosphäre trotzdem locker und wertschätzend.
Diese Erfahrungen sind besondere, aber da man sich ja nicht das ganze Jahr über im Trainingslager befindet, ist die Trainingsgruppe in Tübingen ein sehr wichtiger Bestandteil. In den letzten Jahr ist die Gruppe immer mehr gewachsen und stärker geworden. Wir motivieren uns gegenseitig und laufen in unterschiedlichen Konstellationen gemeinsam egal welches Alter und welches Ziel. Ich fühle mich immer sehr wohl in unserer Gruppe, aber auch weil der Spaß im Training im Vordergrund steht.

Seitdem du bei Isabelle Baumann trainierst hast du dich immer weiter entwickelt, viele deutsche Meistertitel geholt und nicht nur mit dem EM-Titel auch international Erfolge eingefahren. Wie viel Anteil hat ihre Betreuung an deinem Erfolg?
Ich arbeite jetzt schon seit fast vier Jahren mit Isabelle zusammen. In diesen vier Jahren hat sie mir vieles beigebracht. Ich verstehe zum einen mein Training viel besser, zum anderen habe auch ich mich besser kennengelernt. Sie hat mir den passenden Rahmen gegeben, um mich nicht nur sportlich sondern auch persönlich weiterzuentwickeln. Das schätze ich unheimlich an ihr. Sie sieht in ihren AthletInnen nicht nur Sportler, sie sieht den Menschen dahinter und kann daher das Training auch individuell einordnen. Außerdem weiß ich, dass ich mit ihr viele Dinge bereden und aussprechen kann. So fühle ich mich einfach wohl mit dem Training und darüber hinaus. Ich denke das ist mit der wichtigste Grund für den Erfolg in den letzten Jahren.

Seit Kurzem bist du in Südafrika im Trainingslager – wie bist du dort in die Vorbereitung auf den Sommer gestartet? Ist es dein erstes Mal dort und wie gefällt es dir?
Ich bin zum ersten Mal in Südafrika, genauer in Dullstroom auf 2000 Metern über dem Meeresspiegel. Aktuell sind wir fünf Tage hier und ich genieße es so gut ich kann, da das Training in der Höhe einfach richtig anstrengend ist. Kurz nach dem wir im Januar aus unserem ersten Trainingslager in Monte Gordon zurückgereist waren, hatte ich mir schon einen Countdown für dieses Trainingslager gestellt, weil mir die Sonne und die Wärme so fehlten. Nicht nur das Klima, sondern auch die Anreise ohne Jetlag und Anschlussflug, sind ein enormer Pluspunkt, um schnell ins gewohnte Training einzusteigen. Außerdem ist ein Teil meiner Trainingsgruppe mit dabei (Eva Dieterich, Tim Aßmann und Alina Reh) und das Zusammenleben klappt bisher auch echt gut :). Die Laufstrecken erkunden wir gerade noch, aber dank einer detaillierten Vorab-Einweisung von Robert (Baumann) haben wir schon gute Möglichkeiten gefunden.

Hanna Klein und Alina Reh arbeiten in Südafrika an der Form für den Sommer.

 


Wie sieht ein Tag im Trainingslager für dich aus? 
Ich stehe meist gegen 8:00 Uhr auf, manche aus meinem Haus sind da schon etwas früher wach und haben den ersten Kaffee schon getrunken. Meist haben wir uns dann mit anderen Laufgruppen verabredet und fahren zum Treffpunkt für einen Dauerlauf. Manchmal steht dann noch ein kleiner Einkauf an, danach gibt es dann Mittagessen. Da wir uns hier selbst verpflegen, gibt es entweder Reste vom Abendessen oder Porridge. Die Früchte hier sind einfach köstlich. Am Straßenrand werden die leckersten Mangos und Avocados verkauft. So viele, dass wir fast nicht richtig mit dem Essen hinterherkommen.
Danach macht jeder das, was bei ihm gerade ansteht- Uni, Arbeit, Mittagsschlaf. Nach einem Kaffee in der Stadt geht es schon zu Training Nummer zwei. Das kann ein regenerativer Dauerlauf oder ein Krafttraining sein. Am Abend kochen wir gemeinsam und lassen den Tag ausklingen. Vielleicht steht bei dem einen oder anderen ein Physiotermin an oder ein paar Telefonate.

In einem Interview hast du gesagt, du möchtest vor allem deine Bestzeiten verbessern. Welche Ziele hast du dieses Jahr? Steht schon fest, auf welche Strecken du dich im Hinblick auf die Saisonhöhepunkte fokussieren willst oder wirst du ähnlich wie im Winter auch andere Strecken ausprobieren?
Das Ziel ist immer sich weiterzuentwickeln und damit strebe ich natürlich meine Bestzeiten an. Ich werde in der kommenden Freiluftsaison hoffentlich viele 1500er laufen, aber auch ein wenig mehr den Schwerpunkt auf 5000 Meter legen. Für diese Saison wünsche mir, dass ich diese Strecke öfter als ein- oder zweimal im Jahr laufen werde. Einfach, um mehr Routine zu sammeln und die Strecke besser kennenzulernen. Gerne würde ich bei der Weltmeisterschaft in Budapest teilnehmen und dort mein bestes Resultat abliefern.